
Heute ist es soweit: Die lang erwartete neue Prozessorgeneration aus dem Hause Intel debütiert. Ivy Bridge, hergestellt in 22 Nanometer, soll es nun richten. Dabei hat man einiges gutzumachen: Schließlich hat der Vorgänger Sandy Bridge dafür gesorgt, dass die OC-Welt gehörig aus den Fugen geraten ist. Und wie es scheint, stehen die Vorzeichen mit Ivy Bridge tatsächlich bedeutend besser.
Wenden wir uns zunächst aber der neuen Prozessorgeneration zu. Ivy Bridge, passend in Sockel 1155 (genau wie Sandy Bridge), wird in 22 Nanometer hergestellt. Gegenüber Sandy Bridge hat sich aber noch einiges andere getan, sodass selbst Intel nicht von einer reinen Verkleinerung des Herstellungsprozesses spricht. Erstmals kommen sogenannte 3D-Transistoren zum Einsatz, die helfen sollen, die Leistungsaufnahme zu verringern. So wurde anfangs eine Reduzierung der TDP von 95 auf 77 Watt in Aussicht gestellt. Gleichzeitig spendiert man Ivy Bridge PCIe-3.0-Support für kommende Grafikkarten, um zukünftig mehr Bandbreite zur Verfügung zu haben (Verdoppelung gegenüber PCIe 2.0). Rechnerisch bedeutet der Einsatz von vier Lanes mit PCIe 3.0 die identische Bandbreite wie 16 Lanes der ersten PCIe-Generation. Hinzu kommt, dass die im CPU integrierte Grafikeinheit deutlich aufgebohrt wurde und damit um bis zu 50 Prozent schneller arbeiten soll als der Vorgänger im Sandy Bridge. Und dennoch hinkt die interne Grafik den Pendants auf AMD-Seite weiter deutlich hinterher.
Weitere Verbesserungen betreffen den Support von DDR3L (also die Unterstützung von Speichermodulen mit einer Betriebsspannung von 1,35 Volt) sowie die Unterstützung von höheren Speichertaktraten (bis zu DDR3-2800). Hingegen gibt es auf Seiten der Kern-/Thread-Anzahl sowie der Cache-Größen keine Veränderungen. Die neuen Topmodelle 3570K/3770K sind gegenüber ihren Vorgängern 2500K/2600K lediglich um 100 MHz höher getaktet (sowohl ohne als auch mit Turbo).
Um Ivy Bridge mit all seinen Vorteilen richtig auszunutzen, empfiehlt sich der Einsatz eines Mainboards mit dem ebenso neuen Z77-Chipsatz. Z77 ist sozusagen der Nachfolger des letzjährig eingeführten P67-Chipsatzes. Z77 bietet erstmals native USB-3.0-Funktionalität und natürlich auch PCIe-3.0-Unterstützung. Außerdem können auf diesen Mainboards sowohl die On-Die-Grafik verwendet werden als auch die K-Modelle der CPUs übertaktet werden - was im letzten Jahr erst mit dem Z68 funktionierte. Abseits dieser Änderungen gibt es neben den neuen Hauptplatinen an sich keine nennenswerten Veränderungen, die für einen Umstieg von P67-/Z68-Platinen zu Z77-Platinen spricht. Denn mittels BIOS-Update werden wahrscheinlich die meisten Vorgänger-Mainboards fit für Ivy Bridge gemacht. Einzig für den Extremeinsatz könnten ältere Boards ein Nachteil sein, da ab und zu von einem niedrigeren Maximal-Multiplikator gesprochen wird. Ob dies in der Realität auch so eintritt, werden die nächsten Wochen zeigen.
Overclocking
Ivy Bridge macht vieles anders als Sandy Bridge, wenn es ums Übertakten geht. Einige sehen in ihm bereits den Nachfolger der legendären E8600-CPUs, die vor ein paar Jahren das Maß der Dinge waren. Doch soweit würden wir nicht gehen - zumindest noch nicht. Aber der Reihe nach.
Ivy Bridge rückt zumindest einmal das OC-Bild in puncto Temperatur gerade. Während Sandy Bridge sogut wie überhaupt nicht auf tiefere Temperaturen reagiert hat, scheint Ivy von jedem Grad weniger zu profitieren. Da Coldboot- und Cold-Bug relativ niedrig liegen, können wir endlich wieder Gebrauch von unserer Kaskade machen, die seit den Vortests zur 3. AOCM nicht mehr zum Einsatz gekommen war. Zu unserer Erleichterung werkelt das gute Stück nach wie vor zuverlässig und hat uns erste Ergebnisse mit den neuen CPUs beschert. Aber dazu später noch etwas mehr.
Doch Kälte-Skalierung hin oder her - für richtig gute Ergebnisse benötigt man mit Ivy Bridge LN2. Selbst mit Kaskade, immerhin rund -100 Grad, sind mit Glück 6 GHz für 2D-Benchmarks wie SuperPI 1M oder PiFast drin. Für wPrime oder 3D muss der Takt signifikant unter die 6-GHz-Marke gesenkt werden. Hier hätten wir uns von den ersten Retail-Prozessoren einen Tick mehr erwartet, wenngleich wir bereits mit der ersten CPU deutlich mehr Takt nutzen konnten als mit dem besten Sandy Bridge-CPU, der uns in die Finger gekommen ist. Es geht also vorwärts.
Wir möchten die Gelegenheit nutzen, um zwei Personen ganz besonders zu danken. Auf der einen Seite ist das AF-Crew-Mitglied SoF, welcher es uns ermöglicht hat, bereits vor dem offiziellen Launch erste Erfahrungen mit Ivy Bridge sammeln zu können. Dieser Support ist großartig, weshalb wir ihn entsprechend würdigen wollen! Danke Chris! Auf der anderen Seite konnten wir uns auf unseren langjährigen Unterstützer von ASUS verlassen. Christian hat uns völlig unkompliziert mit einem ASUS Maximus V Gene versorgt, damit wir die neuen CPUs auch auf einem adäquaten Unterbau testen konnten. Die bisherigen Erfahrungen zum Board sind durchweg positiv und die Problemlosigkeit im Kaskadenbetrieb spricht für sich. Danke!
Mittlerweile hatten wir die Chance, insgesamt vier Retail-Prozessoren (3770K) aus verschiedenen Quellen unter Kaskade zu testen. Zwei davon können 6 GHz booten, die anderen beiden scheitern knapp. Die beste CPU konnte PiFast bei 6 GHz mit 1,72 Volt absolvieren, allerdings ohne HT. Für mehr Takt wäre mehr Spannung einhergehend mit niedrigeren Temperaturen notwendig.
Kommen wir aber noch einmal auf unsere "Abrechnung" mit Sandy Bridge von vor einigen Wochen zurück. Drei Aspekte sind entscheidend dafür, dass diese Prozessorgeneration nicht zu Overclockers Darling avancierte. Erstens ließ sich der Baseclock kaum übertakten, zweitens war die Funktion von hohen Multiplikatoren essentiell und drittens bedeutete ein nicht funktionierender Multiplikator quasi auch, dass dieser Takt auch nicht funktionierte, wenn ein niedrigerer Multi in Verbindung mit einem leicht höheren BCLK gesetzt wurde. Gott sei Dank macht Ivy Bridge hier einiges anders, es ist jedoch noch lange nicht alles Gold, was glänzt.
Nach wie vor ist der Baseclock nicht nennenswert übertaktbar. Allerdings sind Werte zwischen 105 und 110 MHz realistisch erreichbar, was bereits eine Verbesserung darstellt. Bisherige Erfahrungen scheinen zu zeigen, dass es keine so eklatante Hardwall mehr gibt. Funktioniert ein Multiplikator nicht, so scheint der angestrebte Prozessortakt dennoch erreicht werden zu können, wenn der Multi verringert wird und dafür der BCLK angehoben wird. Etwas, was bei Sandy Bridge nicht ging. Es scheint allerdings auch so zu sein, dass CPUs über eine Art maximalen Multi verfügen - also ein Multi, der maximal genutzt werden kann. Andere Multis darüber funktionieren nicht mehr. Ob dies ein CPU- oder Mainboard-Problem ist, wird sich in der nächsten Zeit zeigen.
unser Bench-Start mit Ivy Bridge
Wie bereits gesagt, verdanken wir es SoF, dass wir bereits vor dem Launch erste Tests mit Ivy Bridge machen konnten. Dabei haben wir auf das von ASUS übersandte Maximus V Gene gesetzt und Erfahrungen unter Kaskade erzielen können. In erster Linie war es uns wichtig, ein Gefühl für die Hardware zu bekommen, statt auf maximale Effizienz aus zu sein. Dementsprechend sind alle Ergebnisse als ein Anfang zu verstehen, nicht als ein auf Performance getrimmtes Finale.
Die Ergebnisse sind alle in Eigenregie von Hoschi enstanden. Ich konnte ihm aufgrund einer Mandelentzündung nicht (mit dummen Sprüchen

Bereits im ersten Anlauf stellen diese Ergebnisse neue Bestwerte in unserem Team sowohl im Hexus PiFast als auch im SuperPI 1M dar. Im 3DMark05 fehlen noch 800 Punkte bis zu unserem Bestwert, dieser wurde jedoch mit einem um 600 MHz höher getakteten Gulftown in Verbindung mit einer LN2-gekühlten Grafikkarte aufgestellt. Für eine unübertaktete Grafikkarte ist auch dieser Wert nicht zu verachten.
Ausblick
Wir werden den Launch und den darauffolgenden Run auf die hwbot-Datenbank in Ruhe abwarten. Es wird sicher einige neue Bestwerte mit Ivy Bridge zu vermelden geben, wo unsere ersten Ergebnisse aber keine Rolle spielen werden. Nach dem Launch werden wir uns in Ruhe die Situation anschauen und weitere Schritte einleiten.
Auf alle Fälle ist Ivy Bridge ein Schritt in die richtige OC-Richtung. Ein Schritt, der nicht spurlos an uns vorbeigehen wird - anders als das bei Sandy Bridge der Fall war.

Du sollst den Bench nicht vor dem Score loben! (copyright by masterchorch)