Das Forum von BenchBrothers.de geht in den "Ruhestand".

      Das Forum von BenchBrothers.de geht in den "Ruhestand".

      Im Jahr 2008 ist BenchBrothers.de samt Forum online gegangen. Als Freizeitprojekt von ein paar verrückten Cottbuser Jungs diente die Seite mit angegliedertem Forum dem Austausch rund um das Thema Overclocking, als Informationsquelle, als Ort für die Vorbereitung sowie Nachbesprechung von Overclocking-Sessions, als Schaufenster für die erreichten Benchmark-Ergebnisse und auch als Quell von so manch lustiger Anekdote.

      BenchBrothers.de erblickte in der absoluten Blütezeit des Overclocking das Licht der Welt. Zahlreiche Communities rund um den Globus hatten zu dieser Zeit tausende Mitglieder - und alle fröhnten dem Hobby des Overclocking: Xtremesystems, AwardFabrik, VR-Zone, hwbot ("lebt" noch), ripping.org, i4memory, Extremecooling, ocXtreme, Overclock.net ("lebt" auch noch), Kaltmacher - nur um mal ein paar zu nennen. Da durfte damals eine kleine ostdeutsche Delegation natürlich nicht fehlen. ;)



      Als wir BenchBrothers.de aus der Taufe gehoben haben, war Intel gerade mit Core 2 Duo / Core 2 Quad am Start. Und bei AMD waren die Agena-Phenoms inklusive TLB-Bug aktuell - so lange ist das schon her. ;) Das nötige OC-KnowHow für BenchBrothers.de hatten wir uns allesamt bereits in den Jahren zuvor angeeignet - jeder für sich, ab 2006 wurden dann die Kräfte gebündelt. Potentes Kühlequipment wurde besorgt, Stück für Stück Wissen mit extremen Kühlmethoden ála Kaskade und LN2 aufgebaut (Kompressorkühlungen waren da schon ein alter Hut für uns ;) ), die Effizienz gesteigert und sich in der OC-Elite etabliert. Mit Sockel 775 konnten wir bereits Top-Ten-Plätze in der Hall of Fame von Futuremark ergattern (heute UL Benchmarks) - und das zum Teil "nur" mit Kompressorkühlungen, während alle um uns herum bereits zu LN2 gegriffen haben. Wir konnten sowohl bei der ersten als auch bei der zweiten AwardFabrik-Overclocking-Meisterschaft (kurz: AOCM) jeweils Platz 2 im Contest "Schnellster Aquamark 3 extremgekühlt" belegen - und jeweils nach Ende der Wertungszeit das schnellste Ergebnis der gesamten Veranstaltung einfahren. Wir waren mit Sockel 775 also bereits auf einem guten Weg - allerdings ohne den ganz großen Wurf.



      Nach Sockel 775 kam von Intel Sockel 1366 - und es sollte UNSER Sockel werden.

      Die ersten Benchmarks mit Intels Nehalem-Prozessoren verliefen ordentlich, aber nicht herausragend. Die getesteten CPUs waren ok, hatten jedoch kein Rekord-Potenzial. Das änderte sich, als Hoschi einfach mal einen Xeon W3540 in den Warenkorb legte. Es war keine Extreme-Edition-CPU, es war nicht mal ein für den Desktop gedachtes Modell. Aber es war die erste verfügbare CPU mit dem neuen D0-Stepping, welches deutlich bessere Taktraten versprach als mit dem vorherigen C0/C1-Stepping. Und während andere Overclocker mit 2x ATI Radeon 4870X2 benchten, nahmen wir drei HD 4890 für die 3D-Performance. Eine GPU weniger, dafür aber ohne die üblichen Kompromisse von Multi-GPU-Grafikkarten.

      Der Rest ist Geschichte: Globale Weltrekorde im 3DMark05 und 3DMark06 waren die Folge - und wir über Nacht Trendsetter. Plötzlich schossen Setups mit drei HD 4890 und/oder Xeon-CPUs wie Pilze aus dem Boden. Andere Overclocker konnten uns irgendwann - natürlich - auch übertreffen. Das aber mit zum Teil erheblichem Materialeinsatz. So kaufte AndreYang einfach mal rund 15 Xeon W3540, um sich einen rauszusuchen, der noch einen Tick besser war, als unserer.



      Doch wir waren nicht weit weg. Wir bewaffneten uns mit neuen 4890er Karten (dieses Mal XFX GHz Editions), nahmen davon auch gleich vier Stück, wechselten das Mainboard sowie den RAM und quetschten jedes einzelne Quentchen Performance aus dem System. Wir wurden mit diesem Setup Futuremark European Lords of Overclocking und konnten letztendlich auch wieder den Thron im 3DMark06 besteigen. Alles mit einem System, was zusammen weniger gekostet haben dürfte, als der Listenpreis einer aktuellen NVIDIA GeForce RTX 5090 (das Kühlequipment mal außen vor gelassen)...



      Irgendwann ging Bloomfield dann in Rente - und Gulftown übernahm auf gleichem Sockel. Obwohl wir auch mit Gulftown erfolgreich waren, deutete sich aber an, dass es teurer werden dürfte. Denn um vorne mitzuspielen, war jetzt zwingend eine Extreme-Edition-CPU mit sechs Kernen und offenem Multi notwendig. Hinzu kam eine in Sachen Temperatur und Spannung geänderte Skalierung , sodass ohne LN2 nichts mehr zu holen war. Und fragiler waren die ersten 32-Nanometer-Chips auch noch - wie wir mit einem toten und einem teildefekten Prozessor feststellen mussten (statt 6 Kerne / 12 Threads funktionierten nur noch 5 Kerne / 10 Threads). CPUs zu selektieren war also mit deutlich mehr Aufwand und Kosten verbunden. Und trotzdem schafften wir es, den langersehnten ersten Platz im Aquamark 3 extremgekühlt bei der dritten Ausgabe der AOCM zu erlangen - und im weiteren Verlaufe des gleichen Jahres auch noch einen globalen Weltrekord im Aquamark 3, welcher über 100 Tage Bestand hatte.



      Und danach?

      Dann kam Sandy Bridge! Und uns verging die Lust am kompetitiven Overclocking. Sandy Bridge war eine super Wakü-CPU - alles darüber hinaus war aber reine Glückssache. Das Overclocking mit höherem Mainboard-Referenztakt war quasi tot und wenn die CPU ab einem bestimmten Multi nicht mehr booten wollte, konnte man sich auf den Kopf stellen. Skill war nur noch rudimentär notwendig - wenn die CPU nicht wollte, dann wollte sie nicht. Punkt!

      Es ist bezeichnend, dass NickShih angeblich 300 Sandy-Bridge-CPUs gebinnt haben soll, um ein Exemplar zu finden, welches 6 GHz schafft. Und auch wenn bei Sandy Bridge der Preis nicht mehr so hoch war, wie beim Gulftown 980X: die Menge an CPUs war einfach nicht mehr finanzierbar. Von der Zeit, die ganzen CPUs zu testen, reden wir noch nicht einmal...

      Auch bei hwbot gab es im Laufe der Zeit Veränderungen. Der Punkte-Algorithmus wurde mehrfach geändert - unter anderem bekamen Top-Ergebnisse mehr Punkte, wenn mehr Leute die gleiche Hardware gebencht haben. Schnell war klar, dass Multi-GPU-Systeme darunter leiden würden - bzw. deren Punkteertrag. Denn nur wenige Leute haben überhaupt mit drei oder vier Grafikkarten gebencht - und fortan haben sich viele voll auf Single-GPU-Setups konzentriert, weil da mehr Punkte zu holen waren.

      Die Hardware veränderte sich natürlich ebenso. Bzw. die Produktentscheidungen der Hersteller. Overclocking per Referentakt? Bei Intel nur noch für K- oder X-Modelle, bei denen sich das Feature im Preis widerspiegelte. Gelockte CPUs schauten in die OC-Röhre. Das es technisch möglich gewesen wäre, hat ein BIOS-Kniff von Supermicro bei Skylake-Prozessoren gezeigt. Plötzlich konnten auch gelockte CPUs per Referenztakt übertaktet werden - eine Lücke im BIOS, die Intel ganz schnell wieder geschlossen hat. Man wollte ja schließlich die Marge der höherpreisigen OC-CPUs nicht riskieren...

      Und AMD? Außer um die höchste CPU-Taktrate konnte AMD zu dieser Zeit in puncto Benchmarking nicht konkurrieren. In Sachen Performance war AMD über Jahre im Hintertreffen.

      Dann wäre da noch die GPU-Seite. Ab NVIDIAs GTX 680 wurden die Grafikkarten immer teurer und konnten obendrein immer schlechter übertaktet werden. Wollte man einer NVIDIA-Grafikkarte OC-Flügel verpassen, so musste man ab Kepler die Dinger quasi zerstören, damit man sämtliche Bremsen lösen konnte. Wiederverkauf? Nahezu ausgeschlossen! Maximal an andere Overclocker, die aber meistens zeitgleich wie man selbst keine Verwendung mehr für die konkrete Generation hatten. Ein Markt dafür war quasi nicht mehr vorhanden.

      Die Veränderungen im Feature-/Preisgefüge der Hardware und der hwbot-Punktealgorithmen führte mindestens einmal zur absurden Situation, dass ein globaler Weltrekord im 3DMark05 weniger Punkte erhielt, als ein XTU-Ergebnis, für welches die hwbot-Datenbank bereits über 23.000 Ergebnisse zählte, die schneller waren - aber eben mit weniger oft verwendeten Setups erzielt wurden.



      Lange Rede, kurzer Sinn: Weder machte kompetitives Overclocking ab ~2012 überhaupt noch Spaß, noch war sowohl der finanzielle als auch der zeitliche Rahmen mit irgendetwas zu rechtfertigen. Immer öfter konnten (Welt)rekorde nur noch durch Herstellerunterstützung aufgestellt werden. Viele User wandten sich ab, da das Hobby nicht mehr das sein konnte, was es mal war. Und mit den Usern verschwanden ganze Communities.

      Und so war auch bei uns seit Sandy Bridge die Luft raus. Kurz flackerte jeweils die Lust noch einmal auf, als die AwardFabrik 2013 und 2015 zu OC-Sessions nach Haiger lud - abseits dessen passierte nur noch wenig. Sehr wenig. Hier und da steuerten wir Ergebnisse zu hwbot-Team- und/oder Country-Cups bei, ohne aber jemals wieder annähernd soviel Aufwand zu betreiben, wie mit Sockel 1366. Kühlequipment und reichlich Hardware ist zwar noch immer vorhanden, der Funke springt aber nicht mehr über. Erst recht nicht, seit Grafikkarten über 2.000 Euro kosten (sofern sie überhaupt lieferbar sind) und seit man für vordere Plätze im hwbot-Ranking inzwischen rund ein halbes Dutzend Systeme nutzen muss - die Zeiten, in denen man mit einer Basis und vielleicht zwei CPUs in den meisten Benchmarks oben mitspielen konnte, sind seit über einem Jahrzehnt vorbei - leider.

      Privat übertakten wir natürlich weiterhin unsere Alltagsrechner - aber eben mit ganz anderem Aufwand und komplett anderem Ziel. Laufen muss es, zocken muss besser gehen als mit Stock-Settings. ;) Die Freundschaft der vergangenen knapp zwei Jahrzehnten hält trotz aller Wiedrigkeiten an der OC-Front bis heute - die nächste private LAN-Party ist schon terminisiert (die 90er haben angerufen... ;) ).



      BenchBrothers.de samt Forum hat hingegen keinen wirklichen Zweck mehr - außer, in Erinnerungen schwelgen zu können. Für diesen Anwendungsfall ist jedoch kein funktionierendes Forum mehr notwendig - welches obendrein aktuell gehalten werden will. Was wiederum mit Aufwand (zeitlich und finanziell) verbunden ist. Wir haben uns deshalb dazu entschieden, das Forum in den Ruhestand zu schicken. Mit dem Tool HTTrack haben wir den Foreninhalt in eine statische HTML-Sammlung umgewandelt und als Ersatz für das Forum online gestellt. Dadurch kann man sich weiterhin durch alte Beiträge klicken, kann in Erinnerungen schwelgen, die "guten, alten Zeiten" nachfühlen und sich auch heute noch einen Blick davon verschaffen, wie es "damals" war.

      Auch, wenn alles so aussieht, als wäre das Forum noch funktional: Jeder Link, jeder Button, jede Schaltfläche führt nur zu einer weiteren HTML-Seite, die ohne Funktion ist. Im Hintergrund läuft keine Datenbank und kein Webserver mehr. Es kann nichts mehr gepostet werden, nichts mehr geändert werden, nicht mal eine Nutzeranmeldung ist möglich. Es werden keine Nutzeraktionen getrackt, es werden keine Daten verarbeitet. BenchBrothers.de ist nur noch eine reine Ansammlung von untereinander verlinkten HTML-Seiten, die eine Archiv-Funktion bereitstellen. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.


      (AF-Session 2013 in Haiger)


      (MSI European Overclocking Challenge 2008 in Amsterdam)


      (3. AOCM in Minfeld 2010)


      (3. AOCM in Minfeld 2010)


      (3. AOCM in Minfeld 2010)


      (Abholung unserer Kaskade in Polen im Dezember 2007)


      ("echte Männer isolieren nicht" im Rahmen des Weihnachtsbenchens 2008)


      (die Gigabyte-Session 2010)


      (die Gigabyte-Session 2010)


      (Bench-Start mit 4870ern im Juli 2008)


      (LN2-Session im April 2009)


      Es war eine schöne, aufregende und intensive Zeit. <3 Sie kommt nie wieder. Aber beim Blick auf das eine oder andere Bild in den alten Threads kommt das Grinsen wieder unweigerlich ins Gesicht zurück - ganz so, wie es damals war. Und dafür lohnt es sich, das HTML-Archiv online zu halten. :thumbsup:

      Machs gut, over and out! :)
      Du sollst den Bench nicht vor dem Score loben! (copyright by masterchorch)